Koalitionsvertrag: Arbeits- und sozialpolitische Highlights

Der am 24. November 2021 von SPD, Grünen und FDP vorgestellte Koalitionsvertrag enthält auch viele arbeits- und sozialrechtliche Vorhaben. Wir haben die wichtigsten für Sie im Überblick zusammengefasst. Die Angaben in den Klammern beziehen sich auf die entsprechende Zeilennummer des Koalitionsvertrags.

Befristungsrecht
  • Abschaffung der Haushaltsbefristung (Zeile 2307 f.).
  • Begrenzung der mit Sachgrund befristeten Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber auf sechs Jahre, um Kettenbefristungen zu vermeiden. Überschreiten in eng begrenzten Ausnahmen. (Zeile 2309 ff.)
Arbeitszeit
  • Am Grundsatz des 8h-Tags wird festgehalten (Zeile 2232).
  • Eine in 2022 zu treffende befristete Regelung mit Evaluationsklausel soll es ermöglichen, dass im Rahmen von Tarifverträgen Beschäftigte unter bestimmten Voraussetzungen und in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können (Zeile 2228 ff.).
  • Es soll außerdem eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von der derzeitigen Tageshöchstarbeitszeit geben, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen auf Grund von Tarifverträgen dies vorsehen (Zeile 2235 ff.)
  • Möglicher Anpassungsbedarf angesichts der EuGH-Rspr. wird im Dialog mit den Sozialpartnern geprüft. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Vertrauensarbeitszeit müssten weiterhin möglich sein (Zeile 2235 ff.).
Mobile Arbeit/Homeoffice
  • Homeoffice soll als eine Möglichkeit der mobilen Arbeit rechtlich von der Telearbeit und dem Geltungsbereich der ArbeitsstättenVO abgegrenzt werden (Zeile 2243 f.).
  • Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten erhalten einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice, den Arbeitgeber lediglich bei entgegenstehenden betrieblichen Belangen ablehnen dürfen. Kollektivrechtliche Alternativregelungen sollen möglich sein. Mobile Arbeit soll EU-weit unproblematisch möglich sein (Zeile 2249 ff.).
Tarifautonomie
  • Öffentliche Auftragsvergabe des Bundes wird an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden (Zeile 2331 f.).
  • Fortführung des bisherigen Tarifvertrags nach Betriebsausgliederung bei Identität des bisherigen Eigentümers („Tarifflucht“). § 613a BGB bleibt unangetastet (Zeile 2333 ff.).
Betriebliche Mitbestimmung
  • Betriebsräte sollen selbst entscheiden, ob sie analog oder digital arbeiten (Zeilen 2341 f.).
  • Erprobung digitaler BR-Wahlen in einem Pilotprojekt (Zeile 2342 f.).
  • Recht der Gewerkschaften auf digitalen Zugang in die Betriebe (Zeile 2343 f.).
  • Behinderung der demokratischen Mitbestimmung als Offizialdelikt (Zeilen 2347 f.).
  • Angleichung des kirchlichen und des staatlichen Arbeitsrechts wird mit den Kirchen geprüft (Zeile 2348 ff.).
Unternehmensmitbestimmung
  • Konzernzurechnung aus dem MitbestG wird in das DrittelbG übertragen für den Fall der faktischen echten Beherrschung (Zeile 2356 ff.).
  • Regierung will sich dafür einsetzen, dass der Einfriereffekt bei der SE abgeschafft wird (Zeilen 2354 ff.).
Arbeitnehmerüberlassung
  • Verbesserter Schutz von Beschäftigten bei grenzüberschreitenden Entsendungen. (Zeile 2316 f.)
Kurzarbeitergeld
  • Corona-Regelungen werden nach der Pandemie evaluiert, insbesondere mit Blick auf geringe Einkommen (Zeile 2324 ff.)
Whistleblowing
  • Umsetzung der Whistleblowing-RL, wobei Whistleblower nicht nur bei Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt werden, sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichem Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt (Zeile 3728 ff.).
bAV
  • Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen sollen möglich sein (Zeile 2418 f.).
  • Sozialpartnermodell muss umgesetzt werden (Zeile 2420 f.).
Entgelttransparenzgesetz
  • Individuelle Rechte der Beschäftigten sollen durch Verbände geltend gemacht werden können (Zeile 3861 ff.).
Elterngeld/-zeit
  • Verlängerung des elternzeitbedingten Kündigungsschutzes um drei Monate nach Rückkehr (Zeile 3368 f.)
  • Zweiwöchige vergütete Freistellung für PartnerIn nach der Geburt (Zeile 3356 ff.)
  • Erweiterung der Partnermonate um einen Monat (Zeile 3362 f.)
  • 15 Tage Kinderkrankentage pro Kind und Elternteil, 30 Tage für Alleinerziehende (Zeile 3371 f.).
Mindestlohn
  • Einmalige Erhöhung auf 12 Euro pro Stunde (Zeile 2278 f.)
Mini- und Midijobs
  • Minijob-Grenze wird auf 520 Euro, die Midijob-Grenze auf 1.600 Euro im Monat angehoben (Zeile 2288 ff.).
Rente
  • Mindestrentenniveau der gesetzlichen Rente von 48 Prozent (Zeile 2392 ff.).
  • Beitragssatz steigt nicht über 20 Prozent (Zeilen 2394 f.).
  • Teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung, 2022 zunächst mit 10 Milliarden Euro. Wird als dauerhafter Fonds professionell verwaltet und global investiert (Zeile 2397 ff.).