Regulierte Vergütung in Banken – CRD V Update
Am 20. Mai 2019 hatten das Europäische Parlament und der Rat Änderungen der Richtlinie über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen beschlossen (sog. Capital Requirement Directive V (CRD V)), die unter anderem verschärfte Regelungen im Zusammenhang mit der variablen Vergütung vorsieht. Die Umsetzung der CRD V in nationales Recht ist nun teilweise durch die Reform des KWG durch das Risikoreduzierungsgesetz (KWG n.F.) zum 29. Dezember 2020 erfolgt. Die geplante Reform der Institutsvergütungsverordnung (sog. IVV 4.0) steht hingegen noch aus. Nach dem Entwurf der Dritten Verordnung zur Änderung der Institutsvergütungsverordnung sollen die Änderungen der IVV „möglichst kurz nach den Änderungen durch das Risikoreduzierungsgesetz“ in Kraft treten. Am 4. Dezember 2020 lief die Konsultationsfrist ab und es bleibt abzuwarten, ob die abgegebenen Stellungnahmen zu Änderungen in der finalen Fassung der IVV 4.0 führen. Abzuwarten bleibt auch, wann die IVV 4.0 in Kraft treten wird.
Die deutsche Umsetzung der CRD V beinhaltet Änderungen der Vergütungsanforderungen, welche von Instituten zu implementieren sind. Diese werden sowohl zu Anpassungen der Vergütungsleitlinien und anderen kollektiven Regelungsmechanismen der Institute als auch der individuellen Vergütungsregelungen mit Mitarbeitern und Geschäftsleitern führen.
In diesem Beitrag geben wir einen ersten Überblick über diese Änderungen.
Einstufung als bedeutendes Institut
Risikoträgeridentifikation und Anwendung der besonderen Vergütungsanforderungen
Erweiterte Risikoträgeridentifikation
Die wohl folgenreichste Änderung in der Architektur der Vergütungsregulierung ist, dass nunmehr auch nicht-bedeutende Institute Risikoträger identifizieren müssen. Bisher mussten in Deutschland – im Gegensatz zu anderen Jurisdiktionen (z.B. UK) – lediglich bedeutende Institute Risikoträger identifizieren. Die Risikoträgeridentifizierung richtet sich künftig nach folgenden Regelungen:
Gemäß § 1 Abs. 21 KWG n.F. und § 25a Abs. 5b S. 1 KWG n.F. gelten folgende Personengruppen zwingend als Risikoträger (sog. „Risikoträgeridentifizierung light“):
- Geschäftsleiter und Mitglieder des Aufsichtsorgans,
- Mitarbeiter der unmittelbar der Geschäftsleitung nachgelagerten Führungsebene,
- Mitarbeiter mit Managementverantwortung für die Kontrollfunktion oder die wesentlichen Geschäftsbereiche des Instituts und
- Mitarbeiter, mit einer Vergütung in Höhe von mind. EUR 500.000, sofern diese Vergütung mindestens der durchschnittlichen Vergütung der Geschäftsleitung, des Aufsichtsgremiums und der nachgelagerten Führungsebene entspricht und die betroffenen Mitarbeiter in einem wesentlichen Geschäftsbereich mit Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts tätig sind.
Darüber hinaus haben bedeutende Institute auf der Grundlage einer Risikoanalyse – wie bisher – eigenverantwortlich alle weiteren Risikoträger zu ermitteln (vgl. § 25a Abs. 5b S. 2 KWG n.F., sog. „umfassende Risikoträgeridentifizierung“).
Anwendung der besonderen Vergütungsanforderungen
Nach bisheriger Rechtslage gelten die besonderen Vergütungsanforderungen des 3. Abschnitts der IVV gemäß § 1 Abs. 3 IVV 3.0 nur für bedeutende Institute. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Anforderungen der Zurückbehaltung (Deferral), des Malus und der Rückforderung (Clawback). Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 des derzeitigen Entwurfs der IVV 4.0 („E-IVV 4.0“) sind die besonderen Vergütungsanforderungen im Wesentlichen künftig auch auf Risikoträger in qualifizierten nicht-bedeutenden Instituten anzuwenden.
Zu den qualifizierten nicht-bedeutenden Instituten iSd § 1 Abs. 3 S. 2 E-IVV 4.0 zählen:
- übergeordnete Institute, deren Bilanzsumme auf konsolidierter oder teilkonsolidierter Basis eine Bilanzsumme von mindestens 30 Milliarden Euro erreicht, sowie,
- Institute mit einer Bilanzsumme von durchschnittlich mehr als 5 Milliarden Euro in den letzten vier abgeschlossenen Geschäftsjahren, wenn weitere in der Norm genannte Anforderungen erfüllt sind, z.B. wenn ihr Gesamtwert an Derivatepositionen einen bestimmten Prozentsatz überschreitet.
Demnach kann sich die Risikoträgeridentifikation in nicht-bedeutenden Instituten erst auswirken, wenn die Schwelle einer Bilanzsumme von durchschnittlich mehr als 5 Milliarden Euro in den letzten vier abgeschlossenen Geschäftsjahren überschritten ist.
Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 E-IVV 4.0 müssen qualifizierte nicht-bedeutende Institute allerdings nicht vollumfänglich die Anforderungen des 3. Abschnitts der IVV erfüllen. Sie sind von den spezifischen Regelungen für Geschäftsleiter gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 und 4, § 20 Abs. 2 befreit. Zudem muss kein Vergütungsbeauftragter (vgl. §§ 23 bis 26 IVV) bestellt werden.
Verschärfte Freigrenze
Bonuspool
Verlängerung des Zurückbehaltungszeitraums
Geschlechtsneutrale Vergütung (Equal-Pay)
Gruppenanforderungen
§ 27 Abs. 3 E-IVV 4.0 enthält hinsichtlich der Gruppenanforderungen nach § 27 Abs. 1 und 2 E-IVV 4.0 neue Ausnahmen für nachgeordnete Unternehmen im Ausland. Demnach haben nachfolgende Unternehmen in der gruppenweiten Vergütungsstrategie nicht die Einhaltung der Gruppenanforderungen sicherzustellen:
- Tochterunternehmen mit Sitz in der Europäischen Union, die an besondere Vergütungsanforderungen nach Maßgabe anderer Rechtsakte der Europäischen Union gebunden sind;
- Tochterunternehmen mit Sitz in einem Drittland, die an besondere Vergütungsanforderungen nach Maßgabe anderer Rechtsakte der Europäischen Union gebunden wären, wenn sie ihren Sitz in der Europäischen Union hätten.
§ 27 Abs. 4 E-IVV 4.0 sieht eine Rückausnahme für Risikoträger vor. Demnach haben nachgeordnete Unternehmen mit Sitz im Ausland abweichend von § 27 Abs. 3 E-IVV 4.0 für bei ihnen tätige Risikoträger in der gruppenweiten Vergütungsstrategie die Einhaltung der Gruppenanforderungen sicherzustellen. Dadurch soll eine Umgehung der Vergütungsvorschriften des KWG und der IVV durch Verlagerung von Risikoträgern in gruppenangehörige Unternehmen ins Ausland verhindert werden.