Aktuelles Arbeitsrecht: Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des allgemeinen Befristungsrechts

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) plant eine Verschärfung des Befristungsrechts und hat hierzu einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des allgemeinen Befristungsrechts erarbeitet. Der auf den 14. April 2021 datierte Entwurf, der bislang noch nicht offiziell vom BMAS veröffentlicht wurde, verfolgt das Ziel, die Befristung von Arbeitsverträgen ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes und sog. Befristungsketten, die durch eine Aneinanderreihung mehrerer befristeter Arbeitsverträge entstehen, zu begrenzen. Dazu soll unter anderem die zulässige Höchstdauer für sachgrundlose Befristungen verkürzt, eine Obergrenzen-Quote für sachgrundlose Befristungen sowie eine Höchstgesamtdauer für Befristungen mit Sachgrund eingeführt werden.

Wir fassen im Folgenden die Kernpunkte des Referentenentwurfs für Sie zusammen:

Verschärfungen für sachgrundlose Befristungen

Der Referentenentwurf sieht verschiedene Verschärfungen für sachgrundlose Befristungen vor.

Verkürzung der Höchstdauer für sachgrundlose Befristungen

Die zulässige Höchstdauer für Befristungen ohne sachlichen Grund soll von derzeit zwei Jahren auf 18 Monate verkürzt werden. Darüber hinaus sieht der Referentenentwurf vor, dass die Befristung innerhalb dieser Höchstdauer künftig nur noch einmal statt - wie bisher - dreimal verlängert werden darf. Nach den Übergangsbestimmungen sollen zudem sachgrundlose Befristungen, die vor Inkrafttreten der neuen Regelung vereinbart wurden, nach deren Inkrafttreten ebenfalls nur einmalig bis zu einer Gesamtdauer von 18 Monaten verlängert werden können.

 

Weniger Spielraum für abweichende tarifvertragliche Regelungen

Eine bisherige Öffnungsklausel erlaubt es, durch Tarifvertrag von der Höchstdauer der Befristung oder der maximalen Anzahl der Verlängerungen abzuweichen (§ 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG). Der Referentenentwurf will diese Möglichkeit nun einschränken. Künftig soll durch Tarifvertrag nur noch eine Höchstdauer der Befristung von bis zu 54 Monaten oder bis zu dieser Gesamtdauer eine höchstens dreimalige Verlängerung des kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages festgelegt werden können.

Für bei Inkrafttreten der Regelung bereits geltende Tarifverträge, die eine längere Höchstdauer oder häufigere Verlängerungen vorsehen, sollen die abweichenden tarifvertraglichen Regelungen nach den Übergangsbestimmungen bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung weitergelten.

Sachgrundlose Befristung im Zusammenhang mit Arbeitnehmerüberlassung und bei älteren Arbeitnehmern

Darüber hinaus trifft der Referentenentwurf eine Regelung zur sachgrundlosen Befristung im Zusammenhang mit Arbeitnehmerüberlassung. Danach soll die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig sein, wenn die Gesamtdauer der Befristung zusammen mit Zeiten, in denen der Arbeitnehmer demselben Arbeitgeber als Leiharbeitnehmer überlassen war, eine Höchstdauer von fünf Jahren überschreitet. Dies soll allerdings nur für den Fall der sachgrundlosen Befristung bis zur Höchstdauer von 18 Monaten und für den Sonderfall der sachgrundlosen Befristung nach der Gründung eines Unternehmens, nicht aber für den derzeit in § 14 Abs. 3 TzBfG geregelten Sonderfall der sachgrundlosen Befristung von älteren, zuvor beschäftigungslosen Arbeitnehmern gelten. Im Hinblick auf Letztere soll eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages nur zulässig sein, wenn damit die Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse mit und ohne Sachgrund bei demselben Arbeitgeber eine Höchstdauer von fünf Jahren nicht überschreitet.

 

Obergrenzen-Quote für sachgrundlose Befristungen

Nach dem Referentenentwurf soll die Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung oder deren Verlängerung bei Arbeitgebern, die in der Regel mehr als 75 Arbeitnehmer beschäftigen, künftig zusätzlich voraussetzen, dass zum Zeitpunkt der vereinbarten Arbeitsaufnahme nicht mehr als 2,5 Prozent der Arbeitnehmer ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet beschäftigt sind. Für die Berechnung dieses Anteils von 2,5 Prozent soll auf die Anzahl der Arbeitnehmer am ersten Kalendertag des vorangegangenen Quartals abgestellt werden. Ergänzt wird die Regelung durch eine Informationspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat.

Auf den Anteil von 2,5 Prozent werden befristete Arbeitsverträge ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes angerechnet, die ab Inkrafttreten der Regelung geschlossen oder verlängert werden. Die Begründung zum Entwurf stellt insoweit klar, dass befristete Arbeitsverträge ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, die vor Inkrafttreten des Gesetzes in der bis dahin geltenden Fassung geschlossen oder verlängert worden sind, nicht berücksichtigt werden.

 

Zitiergebot bei sachgrundlosen Befristungen

Zudem sieht der Referentenentwurf die Einführung eines „Zitiergebots“ für Befristungen ohne sachlichen Grund vor. Danach müsste künftig in der Befristungsabrede angegeben werden, ob es sich um eine sachgrundlose Befristung bis zur Höchstdauer von 18 Monaten oder um einen Fall der Befristung nach der Gründung eines Unternehmens oder der Befristung eines älteren, zuvor beschäftigungslosen Arbeitnehmers handelt.

Das Zitiergebot soll dazu dienen, die gerichtliche Überprüfung der Einhaltung der Obergrenzen-Quote zu ermöglichen. Bei Nichtangabe der Grundlage für die sachgrundlose Befristung soll sich der Arbeitgeber nicht auf diese Befristungstatbestände berufen können. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die Befristung nicht „hilfsweise“ auf das Vorliegen eines Sachgrunds gestützt werden kann, wenn in der Befristungsvereinbarung von einer sachgrundlosen Befristung ausgegangen wird.

Erstmalige Einführung einer Höchstdauer für Befristungen mit Sachgrund

Der Referentenentwurf will zudem erstmalig eine Höchstdauer für Befristungen mit Sachgrund nach folgenden Maßgaben einführen:

Höchstdauer von fünf Jahren

Befristungen auf Grundlage von fünf der künftig sieben im TzBfG beispielhaft genannten sachlichen Befristungsgründe (das aktuelle Gesetz nennt derzeit noch acht Befristungsgründe; die derzeit für Arbeitgeber der öffentlichen Hand einschlägige Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen soll künftig entfallen) sollen nicht mehr zulässig sein, wenn damit die Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse – mit und ohne Sachgrund - bei demselben Arbeitgeber eine Höchstdauer von fünf Jahren überschreitet.

 

Anrechnungsregelungen

Auf die Höchstdauer von fünf Jahren sind nach dem Entwurf Zeiten vorheriger befristeter Arbeitsverhältnisse bei demselben Arbeitgeber anzurechnen, wenn zwischen den befristeten Arbeitsverhältnissen nicht mehr als drei Jahre liegen.

Ebenfalls auf die Höchstdauer sollen Zeiten anzurechnen sein, in denen der Arbeitnehmer demselben Arbeitgeber als Leiharbeitnehmer überlassen war. Auch in diesem Fall werden bei der Höchstdauerberechnung alle vorherigen Überlassungen an denselben Arbeitgeber berücksichtigt, deren zeitlicher Abstand zum vorherigen befristeten Arbeitsverhältnis bzw. zur vorherigen Überlassung drei Jahre oder weniger beträgt.

 

Ausnahmen

Die geplante Höchstdauer soll dagegen keine Anwendung finden für Befristungen, die aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt sind, sowie für Befristungen, die auf einem gerichtlichen Vergleich beruhen.

Ebenfalls von der Höchstdauer ausgenommen werden sollen Vereinbarungen, wonach das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung endet (sog. Rentenbefristungen) sowie Fälle der sog. In-Sich-Beurlaubung von Beamten.

Fazit und Ausblick

Die Kernelemente des Referentenentwurfs sind bereits im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD für die aktuelle Legislaturperiode verankert. Ob das Gesetzesvorhaben tatsächlich noch in der aktuellen, sich bereits dem Ende zuneigenden Legislaturperiode abgeschlossen werden wird, ist dennoch fraglich. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der aktuellen Pandemielage sind die mit dem Regelungsvorschlag verbundenen starken Einschnitte in das Befristungsrecht und die damit für Unternehmen verbundenen Belastungen kritisch zu sehen. Hierdurch ginge nicht nur Flexibilisierungsspielraum verloren, sondern es würde auch deutlich schwieriger, auf Besonderheiten des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen (z. B. bei Projektbefristungen oder im Fall von Elternzeitvertretungen, insb. bei der zeitnahen Geburt eines zweiten Kindes).

Wir werden die Entwicklung dieser Gesetzesinitiative selbstverständlich weiter für Sie verfolgen und Sie an dieser Stelle über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten.