Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine

Medienberichten zufolge werden in Deutschland kurzfristig bis zu 225.000 Geflüchtete aus der Ukraine erwartet. Neben humanitären, sozialen und organisatorischen Fragen kann die Aufnahme der Geflüchteten auch das Arbeitsrecht betreffen, wenn es um die Beschäftigung dieser Menschen in Deutschland geht, zumal sich unter ihnen viele sehr gut ausgebildete Fachkräfte befinden. Wir beantworten in Kürze die wichtigsten Fragen zur Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine.

Auf welcher Grundlage und wie lange dürfen sich die Geflüchteten nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland aufhalten?

Geflüchtete aus der Ukraine können nach derzeitiger Rechtslage unproblematisch nach Deutschland einreisen und sich – jedenfalls vorübergehend – in Deutschland aufhalten.

Ukrainische Staatsangehörige, die über einen biometrischen Reisepass verfügen, können sich grundsätzlich für einen Zeitraum von insgesamt bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen ohne Visum in Deutschland aufhalten (Art. 4 EU-Visum-Verordnung). Aufgrund einer Verordnung des Bundesministeriums des Innern vom 7.3.2022 (Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung) sind zudem ukrainische Staatsangehörige, die sich zum Zeitpunkt des 24.2.2022 jedenfalls für gewöhnlich in der Ukraine aufgehalten haben oder sich bereits zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig aber ohne einen für einen langfristigen Aufenthalt erforderlichen Aufenthaltstitel in Deutschland aufgehalten haben, vorübergehend bis zum 23.5.2022 vom Erfordernis des Besitzes eines Aufenthaltstitels befreit.

Einen Aufenthaltstitel können Geflüchtete aus der Ukraine nach Maßgabe des § 24 AufenthG zum vorübergehenden Schutz erhalten. Der dafür notwendige Beschluss des Rates der europäischen Union gemäß der RL 2001/55/EG, mit dem das Bestehen eines Massenzustroms von Vertriebenen festgestellt wird, wurde am 4.3.2022 getroffen. Folgende Personen erhalten demnach vorübergehenden Schutz:

  • Ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24.2.2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten und deren Familienangehörige;
  • Staatenlose und Drittstaatsangehörige, die vor dem 24.2.2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben und deren Familienangehörige;
  • Drittstaatsangehörige und Staatenlose, die sich vor dem oder am 24.2.2022 mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel in der Ukraine aufgehalten haben und nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland zurückkehren können.

Die Dauer des vorübergehenden Schutzes beträgt ein Jahr, er kann jedoch auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

Einen Asylantrag müssen Geflüchtete aus der Ukraine nicht stellen. Die Gewährung vorübergehenden Schutzes hindert eine Asylantragstellung aber nicht. Das Asylverfahren ruht lediglich für die Dauer der Gewährung vorübergehenden Schutzes.

Daneben haben die Geflüchteten die Möglichkeit, in Deutschland einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu beantragen.

Dürfen Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland beschäftigt werden?

Eine Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine ist prinzipiell möglich, allerdings kommt auf den aufenthaltsrechtlichen Status an.

Ukrainische Staatsangehörige, die (ausschließlich) aufgrund des visumsfreien Zugangs gem. der EU-Visum-Verordnung in Deutschland sind, dürfen in dieser Zeit nicht arbeiten.

Auch ein Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG zum vorübergehenden Schutz berechtigt nicht ohne Weiteres zur Aufnahme einer (nicht-selbstständigen) Beschäftigung (§ 24 Abs. 6 S. 2 AufenthG). Allerdings kann die Ausländerbehörde die Ausübung einer solchen Beschäftigung im Einzelfall erlauben (§ 4a Abs. 2 AufenthG). Nach Angaben des Bundesinnenministeriums werden die jeweiligen Ausländerbehörden bei ukrainischen Geflüchteten automatisch die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit in den Aufenthaltstitel bzw. auch bereits in die sog. Fiktionsbescheinigung unmittelbar nach Beantragung des Aufenthaltstitels eintragen. Damit ist eine weitere Erlaubnis für den Zeitraum, in dem der vorübergehende Schutz besteht, nicht erforderlich.

Dürfen Arbeitgeber den Aufenthaltstitel von Geflüchteten prüfen?

Arbeitgeber sind sogar gesetzlich dazu verpflichtet, zu prüfen, ob ein gültiger Aufenthaltstitel vorliegt und die Erwerbstätigkeit erlaubt ist (§ 4a Abs. 5 AufenthG). Vor diesem Hintergrund darf der Arbeitgeber im Rahmen des Einstellungsprozesses nach dem Aufenthaltstitel des Geflüchteten fragen, ohne sich der Gefahr des Vorwurfs einer Diskriminierung (§ 7 AGG) auszusetzen. Arbeitgeber sollten bei der Prüfung des Aufenthaltstitels vor allem auf die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitel achten und darauf, dass die jeweilige Erlaubnis der Erwerbstätigkeit keinen Beschränkungen unterliegt.

Die Beschäftigung einer Person ohne gültigen Aufenthaltstitels bzw. unter Verstoß gegen eine Beschränkung der Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit kann für Arbeitgeber zu einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro (§ 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III) und zum Ausschluss von Subventions- und öffentlicher Auftragsvergaben (§§ 98b und 98c AufenthG) führen. Gleichzeitig bleibt der Arbeitgeber dem Beschäftigten zur Zahlung einer Vergütung für mindestens drei Monate verpflichtet.

Muss der Arbeitsvertrag in deutscher Sprache verfasst sein?

Es gibt keine gesetzliche Regelung, die als Vertragssprache die deutsche Sprache vorschreibt. Insofern können Arbeitgeber über die Vertragssprache frei entscheiden und müssen hierbei auf die Sprachkenntnisse des Vertragspartners grundsätzlich keine Rücksicht nehmen. Fehlende oder mangelhafte Kenntnisse der Vertragssprache des Vertragspartners führen schließlich nicht zur Unwirksamkeit eines Arbeitsvertrages oder einzelner Regelungen. Vielmehr muss derjenige, der ohne Zwang einen Arbeitsvertrag in einer fremden Sprache unterschreibt, alle zumutbaren Möglichkeiten, wie z.B. die (eigenständige) Übersetzung des Vertrages, nutzen, um sich Kenntnis vom Inhalt des Vertrages zu verschaffen.

Gleichwohl ist Arbeitgebern zu raten, zur Konfliktvermeidung von einem mehrsprachigen Vertrag Gebrauch zu machen. Zudem sollte angesichts der zuvor erwähnten Prüfpflicht eine Bedingung bezogen auf das Vorliegen eines Aufenthaltstitels aufgenommen und der Geflüchtete zur Anzeige etwaiger Änderungen im Zusammenhang mit der Aufenthaltserlaubnis verpflichtet werden.

Gelten Besonderheiten im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung bei der Einstellung von Geflüchteten?

m Rahmen der Mitbestimmung gelten keine Besonderheiten bei der Einstellung von Geflüchteten. Der Betriebsrat hat dieselben Mitbestimmungsrechte wie bei anderen Einstellungen auch (vgl. § 99 BetrVG).