Digitale Infrastruktur

Der Koalitionsvertrag stellt das Thema Digitalisierung in den Vordergrund und sieht die erstmalige Schaffung eines eigenen Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung vor. Der Fokus liegt weiterhin darauf, den Ausbau des Glasfasernetzes bis in die Haushalte voranzutreiben. Das bereits in der letzten Legislatur angestoßene Beschleunigungsgesetz und staatliche Förderungen bleiben weiter relevant. Im Bereich Mobilfunk gibt es keine Überraschungen, dafür enthält der Vertrag ein klares Bekenntnis zum Rechenzentrums-Standort Deutschland und kündigt Unterstützung der Branche an.

Flächendeckender Glasfaserausbau

Der flächendeckende Ausbau des Glasfasernetzes bis in die Haushalte („Fibre to the Home“) wird auch in dieser Legislaturperiode priorisiert (Zeilen 2201 ff.). Deutschland liegt im OECD-Vergleich zur FTTH-Abdeckung weiterhin weit zurück. Die letzte Bundesregierung strebte mit ihrer Gigabitstrategie eine 50%-ige FTTH-Abdeckung bis 2025 und eine flächendeckende Abdeckung bis 2030 an. Der Ausbau erfolgt bisher weitgehend marktgetrieben mit einer großen Anzahl ausbauender Unternehmen. Die Branche sah sich in den letzten Jahren aufgrund hoher Entwicklungskosten, Kapazitätsengpässen in der Baubranche, Verzögerungen in Genehmigungsverfahren und Vermarktungsschwierigkeiten gegenüber Endkunden zunehmend Herausforderungen gegenüber. Beobachter sehen teils erste Anzeichen einer Konsolidierungsphase im wettbewerbsintensiven Glasfasermarkt. Glasfaser wird durch die Bundesnetzagentur weniger stark reguliert als das bestehende Kupfernetz der Deutschen Telekom. Das Thema Doppelausbau durch Überbau (d.h. die Parallelverlegung) von Glasfasernetzen dürfte mit der zunehmenden Verdichtung des Netzes an Bedeutung gewinnen, auch wenn die vergangene Bundesregierung diesbezüglich noch keinen zusätzlichen Handlungsbedarf gesehen hat.

Mit der Devise „Markt vor Staat“ scheint die designierte Regierung aber an das bestehende System des Infrastrukturwettbewerbs anzuknüpfen. Dabei sollen Förderprogramme für den Glasfaserausbau weiterhin dort eingesetzt werden, wo kein marktgetriebener Ausbau möglich ist (Zeilen 2203 ff.). Hierfür dürfte bis Ende 2028 die von der Europäischen Kommission beihilferechtlich genehmigte Rahmenregelung zur Unterstützung des flächendeckenden Aufbaus von Gigabitnetzen weiter zur Verfügung stehen, die zuletzt im Juli 2024 verlängert wurde. In einem früheren Entwurf des Koalitionsvertrags wurde ein Betrag von 3,5 Milliarden Euro für den Glasfaserausbau diskutiert, wobei unklar ist, ob diese Mittel aus dem Infrastrukturfonds  stammen sollten. In dem nun vorliegenden Koalitionsvertrag findet sich keine konkrete Summe für den Glasfaseraufbau wieder.

Darüber hinaus adressiert der Koalitionsvertrag die Herausforderungen der Unternehmen im Zusammenhang mit behördlichen Genehmigungsverfahren. So sollen Ausbauhindernisse und Bürokratie abgebaut und schnellstmöglich ein wirksames Beschleunigungsgesetz eingeführt werden, das den Mobilfunk- und Glasfaserausbau als überragendes öffentliches Interesse definiert (Zeilen 2211 ff.). Ein vergleichbares Vorhaben war bereits in der letzten Legislatur mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus von Telekommunikationsnetzen (TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz) angestoßen worden, wurde letztlich aber nicht verabschiedet.

Der Koalitionsvertrag kündigt zudem ein „Konzept für die markt- und verbraucherfreundliche Migration von Kupfer- auf Glasfasernetze“ an (Zeilen 2216 f.). Bereits im November 2024 hatten der damalige Minister Wissing und der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller angekündigt an einem solchen Konzept für die endgültige Umstellung von Kupfer- auf Glasfasernetze zu arbeiten. Mit Blick auf den bislang erreichten FTTH-Netzausbau bleibt abzuwarten, wie ein solches Konzept ausgestaltet wird, insbesondere auch mit Blick auf den anvisierten Zeitraum. Auf EU-Ebene hatte sich zuletzt der Rat von den Zielen der Kommission aus dem Weißbuch 2030 für eine Migration und Abschaltung des Kupfernetzes bis 2030 distanziert und betont, dass insbesondere die Besonderheiten in den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sind.

Mobilfunk

Der Mobilfunkausbau bleibt auch für die designierte Bundesregierung ein wichtiges Thema. Wesentliche Entscheidungen der Bundesnetzagentur bezüglich der Frequenzvergabe wurden jedoch bereits vor dessen Veröffentlichung getroffen. So hat die Bundesnetzagentur im März 2025 entschieden, die Frequenznutzungsrechte in den Bereichen 800 MHz, 1.800 MHz und 2.600 MHz übergangsweise um fünf Jahre zu verlängern. Diese Verlängerung ist bereits mit Verpflichtungen für die Mobilfunknetzbetreiber verbunden, insbesondere mit Versorgungs- und weiteren Auflagen, und dürfte auch weiterhin im Einklang mit den Zielen des Koalitionsvertrags stehen, an den hohen Versorgungsauflagen bei den Frequenzvergaben festzuhalten (Zeilen 2218 ff.). Die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) bleibt (mindestens bis zum Abschluss bereits bewilligter Förderprojekte) bestehen (Zeilen 2207 ff.).

Die designierte Bundesregierung beabsichtigt zudem die Nutzung von Satellitentechnologie zur Mobilfunkversorgung zu unterstützen (Zeilen 2221 f.). Das Thema hat mit dem kürzlich von der Telekom angekündigten Pilotprojekt neue Relevanz erhalten und es wird sich zeigen, ob die vorhandene Regulierung im TKG fortentwickelt werden muss, um den Bedürfnissen und Herausforderungen der neuen Technologie gerecht zu werden.

Rechenzentren

Der Koalitionsvertrag setzt sich das Ziel, Deutschland als führende KI-Nation und Spitzenstandort für Zukunftstechnologien auszurichten, wobei die digitale Souveränität gestärkt und Abhängigkeiten reduziert werden sollen, insbesondere auch durch den Ausbau der national verfügbaren Rechenleistung (Zeilen 107 f., 2256 ff.; siehe auch unter KI, Datenschutz, Cyber-Security und Digitalisierung). Zwar ist Deutschland bereits der größte Standort für digitale Infrastruktur in Europa, im globalen Vergleich besteht jedoch noch erhebliches Entwicklungspotenzial. Die europäische Vorreiterrolle soll durch gezielte Ansiedlung sog. "AI-Gigafactories", die speziell auf die Entwicklung, das Training und die Bereitstellung von KI-Modellen der nächsten Generation ausgerichtet sind, weiter vorangetrieben werden (Zeilen 2191 ff.). Anfang März 2025 gelang es Deutschland mit der JUPITER AI Factory in Jülich bereits die zweite europäische KI-Fabrik im Rahmen der Europäischen Förderinitiative „High Performance Computing Joint Undertaking“ für Deutschland zu gewinnen.

Die Forderungen der Branche, die hohen Energiepreise und das Thema Netzanschluss auch für Rechenzentren anzugehen, werden durch den Koalitionsvertrag adressiert. Rechenzentren werden in die Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise einbezogen und Digitalisierung und Transparenz bei den Netzbetreibern sollen die Integration der Zentren an das Netz erleichtern (Zeilen 959 ff., 2194 ff.). Zudem sollen Rechenzentren durch die Nutzung von Abwärme zur Einspeisung in zur Dekarbonisierung von Wärmenetzen beitragen.