Linklaters: Kollektiver Rechtsschutz weltweit auf dem Vormarsch
In der rechtsvergleichenden Studie „Collective redress across the globe - A review of the availability and operation of collective redress in 19 jurisdictions across Europe, the Americas, Asia-Pacific and Africa“ beschäftigt sich Linklaters mit der zunehmenden Verbreitung kollektiver Rechtsschutzinstrumente. Die Studie beleuchtet, welche Arten von Sammelklagen in Europa, den USA, der Region Asien-Pazifik und Südafrika zulässig sind, wer sie einreichen kann und welche Unterschiede zwischen den einzelnen Jurisdiktionen bestehen.
Die wichtigsten Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Weltweit gibt es Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes. Es ist anzunehmen, dass infolge der Corona-Pandemie die Bedeutung von Sammelklagen weiter steigen wird.
Bei der umstrittenen Frage, ob sich Verbraucher einer Sammelklage aktiv anschließen müssen (sog. „Opt in-Lösung“) oder im Namen aller Verbraucher geklagt werden kann, die dies nicht ausdrücklich ablehnen (sog. „Opt out-Lösung“), herrscht nach wie vor Uneinigkeit: Zwar kommen in 63% der untersuchten Jurisdiktionen (inkl. Deutschland) „Opt-in"-Systeme zum Einsatz, doch auch „Opt-out"-Verfahren werden zunehmend geläufiger und einige Jurisdiktionen verfügen über gemischte Systeme.
Eine Prozesskostenfinanzierung durch Dritte ist häufig zulässig und fördert die Verbreitung von Sammelklagen.
Die EU-weite Sammelklage wird Realität: Die EU-Institutionen haben sich Ende Juni 2020 auf eine Verbraucherverbandsklagenrichtlinie geeinigt, die weit über das bestehende deutsche Recht hinausgeht (weitere Details in unserem Alert vom 2.7.2020).
Insgesamt ist festzustellen, dass der kollektive Rechtsschutz in den untersuchten Jurisdiktionen sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Für international operierende Unternehmen ist es von großer Bedeutung, sich der Unterschiede – und damit einhergehend auch der Risiken – in den jeweiligen Märkten bewusst zu sein.
Dr. Kerstin Wilhelm, Dispute Resolution-Partnerin bei Linklaters in München, erläutert hierzu:
„Wir beobachten weltweit, dass der kollektive Rechtsschutz an Bedeutung gewinnt. Insbesondere die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie werden voraussichtlich zu mehr Sammelklagen führen, deren Ziel neben Versicherungen auch Staaten sein können. Etwa werden dem Vernehmen nach bereits Sammelklagen von Hoteliers und Gastronomen gegen die Länder vorbereitet.“
Dr. Christian Schmitt, Dispute Resolution-Partner bei Linklaters in Frankfurt, führt weiter aus:
„Unternehmen sollten sich des Risikos bewusst sein, dass kaum eine Klage mehr unwirtschaftlich ist, wenn sie mit ähnlichen Fällen zusammengefasst und durch Dritte finanziert werden kann. Zudem drohen Sammelklagen auch in hierfür bislang weniger virulenten Rechtsgebieten, wie beispielsweise dem Datenschutzrecht.“
Dr. Rupert Bellinghausen, Dispute Resolution-Partner bei Linklaters in Frankfurt, ergänzt:
„Nach einer politischen Einigung über die EU-Verbraucherverbandsklagerichtlinie steht auch in Deutschland die Einführung eines Systems bevor, das US class actions in einigen Punkten ähnelt und die hiesige Prozesslandschaft verändern wird. Unternehmen in ganz Europa werden sich in viel größerem Umfang als bisher mit Forderungen konfrontiert sehen. Risikoanalysen sollten angepasst und geeignete Abwehrstrategien implementiert werden.“
Sollten Sie Interesse an einem weiterführenden Gespräch mit einem unserer Partner haben, melden Sie sich gerne!