Klimaschutz und Energiepolitik
Die Quadratur des Kreises oder wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!
Im Energiebereich hält der Koalitionsvertrag das Versprechen der Verhandler, nicht zu viele Einzelmaßnahmen aufzulisten, die sich letztlich nicht umsetzen lassen. Dabei reißen die Koalitionäre viele Themen an, bleiben häufig aber so unkonkret, dass nicht nur die Umsetzbarkeit, sondern auch der Umfang der geplanten Maßnahmen im Unklaren bleibt.
Augenfällig ist, dass Deutschland in Sachen Klimaschutz kein Musterschüler mehr sein will. In den Vordergrund treten die Bezahlbarkeit und die Hebung von Effizienzen im bestehenden System, während die Systemtransformation in den Hintergrund tritt. Wie dies der neuen Regierung im Einzelnen gelingen wird und vor allem finanziert werden soll, wird die Zeit zeigen müssen.
Bekenntnis zu Klimazielen unter abgemilderten Bedingungen
Die Koalitionspartner wollen am Ziel der Klimaneutralität bis 2045 festhalten (Zeile 901) und unterstützen grundsätzlich auch das Vorhaben der EU-Kommission, das nach dem EU-Klimaschutzgesetz noch zu bestimmende Treibhausgas-Reduktionsziel für das Jahr 2040 auf 90% gegenüber dem Emissionsniveau von 1990 festzusetzen (Zeilen 909 f.). Das europäische 90%-Ziel wollen sie aber nur unterstützen, wenn es (1) für Deutschland bei dem im deutschen Klimaschutzgesetz 88%-Ziel bis 2040 bleibt, (2) es möglich wird, die nötigen Emissionsminderungen nicht nur in Deutschland, sondern in einem Umfang von bis zu 3% auch Maßnahmen im außereuropäischen Ausland anzuerkennen und (3) ein „wirksamer Carbon-Leakage-Schutz“ zum Erhalt der industriellen Wertschöpfung garantiert ist (Zeilen 907 ff.). Sollte sich die neue Regierung mit diesem Standpunkt in Brüssel durchsetzen können, würde dies die Möglichkeit für Unternehmen eröffnen, eigene Anstrengungen zur Emissionsminderung im Ausland anerkennen zu lassen bzw. auf ausländische Emissionsminderungszertifikate zurückzugreifen.
Im Übrigen bekennen sich die Koalitionspartner ausdrücklich zum beschlossenen Ausstiegspfad für Braunkohlekraftwerke bis 2038 (Zeilen 1115 f.), erwähnen Steinkohlekraftwerke dagegen nicht. Auch verweisen sie darauf, dass sich der Zeitplan, Kohlekraftwerke vom Netz oder in die Reserve zu nehmen, danach richten soll, wie schnell es gelingt, steuerbare Gaskraftwerke tatsächlich zuzubauen (Zeilen 1119 ff.).
Energiekostensenkungen
Für „Energie“kunden sollen die Kosten um 5 ct./kWh sinken (Zeilen 956 ff.). Der Koalitionsvertrag nennt hier verschiedene Maßnahmen vor allem im Strombereich, aber auch im Gasbereich. Streng genommen fallen überdies die Kosten für Wärme unter den Oberbegriff „Energie“. Auch das Potpourri der geplanten Maßnahmen spricht dafür, dass sich die Einsparung von 5 ct./kWh je nach Verbraucher und Sektor wohl unterschiedlich einstellen dürfte bzw. eine gemittelte Betrachtung angebracht ist.
So zählt der Koalitionsvertrag im Strombereich ein Bündel von Maßnahmen auf, das sich aufgrund der bestehenden Unterschiede in der Preiszusammensetzung insbesondere des Strompreises zwischen Haushalts-, Gewerbe- und von verschiedenen Ermäßigungen profitierenden Industriekunden unterschiedlich stark auswirken kann (Zeilen 957 ff.). Z.B. wird die geplante Senkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz vor allem kleineren Verbrauchern zugutekommen, da bei Großverbrauchern schon jetzt nur ein reduzierter Satz von 0,05 ct./kWh anfällt. Ähnliches gilt für die pauschal angekündigte Reduzierung von Umlagen und Netzentgelten, die derzeit ebenfalls vor allem kleinere Verbraucher belasten. Bei den Netzentgelten kommt hinzu, dass der Gesetzgeber hier gar keinen direkten Einfluss nehmen kann, da für die Festlegung der Netzentgeltsystematik maßgeblich die aufgrund EU-Rechts unabhängig vom Gesetzgeber agierende Bundesnetzagentur verantwortlich ist. Dies gilt auch für die Netzentgeltermäßigung für energieintensive Großverbraucher, die die neue Regierung beibehalten möchte. Des Weiteren wird sich die von den Koalitionären angestrebte Verstetigung und Erweiterung der Strompreiskompensation auf weitere Branchen, einschließlich Rechenzentren, nur realisieren lassen, wenn eine deutliche Erweiterung der bestehenden beihilferechtlichen Freigabe von der Europäischen Kommission erwirkt werden kann. Gleiches gilt für den geplanten Industriestrompreis, den die Koalitionäre „als besondere Entlastung“ für anderweitig nicht weiter zu entlastende energieintensive Unternehmen“ „im Rahmen der beihilferechtlichen Möglichkeiten“ einführen wollen. Auch die Erklärung der Koalitionäre, dass die einheitliche deutsche Stromgebotszone beibehalten wird, unterschlägt, dass Deutschland in dieser Frage nicht allein entscheiden kann, solange nicht ausreichend Kapazität für den grenzüberschreitenden Stromhandel bereitsteht. Vielmehr muss es sich mit seinen Nachbarstaaten einigen. Gelingt dies nicht, liegt die Entscheidung bei der europäischen ACER.
Interessanter für Unternehmen mögen daher die Vorhaben der Regierung sein, den Bezug von erneuerbarem Strom über Direktleitungen zu erleichtern (Zeile 997) und die Kosten für Netzanschlüsse für bestehende Unternehmensstandorte auf dem Weg zur Transformation zu senken (Zeilen 995 f.). Allerdings bleibt der Koalitionsvertrag auch hier Details schuldig.
Stattdessen scheint die Regierung ihre Hoffnung in eine Stärkung der Gaswirtschaft zu setzen. So setzt sie ausdrücklich auf langfristige Importverträge von „günstigem“ Gas aus verschiedenen (unbenannten) Ländern und spricht sich außerdem dafür aus, auch in Deutschland wieder „konventionell“ Gas zu fördern, was das umstrittene Fracking ausschließen dürfte (Zeilen 968 ff.).
Bis 2030 soll der Bau von Gaskraftwerken mit einer Kapazität 20 GW im Rahmen einer überarbeiteten Kraftwerkstrategie „technologieoffen“ angereizt werden, die an systemdienlichen Standorten, einschließlich bestehender Kraftwerksstandorte errichtet werden sollen (Zeilen 1067 ff.). Daneben soll ein „marktwirtschaftlicher“ Kapazitätsmechanismus bestehend aus einem „systemdienlichen Technologiemix aus Kraftwerken und Erzeugungsanlagen (z.B. Bioenergie und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)), Speichern und Flexibilitäten“ entstehen. Hier kann die neue Regierung auf die Vorarbeiten der Vorgängerregierung zum Kraftwerkssicherheitsgesetz zurückgreifen. Ebenso wie diese wird die neue Regierung vor den Anforderungen des europäischen Beihilferechts sowie der Strombinnenmarktregeln stehen, die die Vorgängerregierung im Ergebnis zu einer Trennung der Ausschreibungssegmente zur Sicherung der Versorgungssicherheit sowie einen zur Erreichung der Dekarbonisierung veranlasst hatten. Dagegen enthält der Koalitionsvertrag zwei konkrete Vorschläge, die sich bereits starken Diskussionen gegenübersehen:
- Zum einem sollen Reservekraftwerke, einschließlich der neuen Gaskraftwerke, auch „eingesetzt“ werden dürfen, um den Strompreis zu senken (Zeilen 1077 ff.). Ob dies die Möglichkeit der Vermarktung am Strommarkt oder einen zentralen Abruf im Fall von Strompreisspitzen umfassen soll, bleibt offen. In jedem Fall ist ein solches Vorgehen riskant, da er das Marktsignal verzerren und klimafreundliche Investitionen bremsen könnte.
- Zum anderen sollen Gaskraftwerke in Zukunft Kohlenstoff zur weiteren Verwendung oder dauerhaften Speicherung (CCUS) abscheiden dürfen (Zeilen 1081 ff.). CCUS kann die Emissionsbilanz der Kraftwerke verbessern, ist allerdings kostspielig, nicht zuletzt, weil die dazu erforderliche CO2-Transportinfrastruktur zu den (noch nicht vorhandenen) Speicherstätten vor der deutschen Küste noch nicht existiert. Auch hier drohen Investitionen in klimafreundlichere Alternativen ausgebremst zu werden. Auch die Vorgängerregierung wollte CCUS für H2-ready gebaute Gaskraftwerke erlauben – allerdings nur, wenn eine Umstellung auf Wasserstoff an einer verspäteten Anbindung an das Wasserstoffkernnetz scheitern sollte.
Des Weiteren plant die Regierung die sog. Gasspeicherumlage abzuschaffen, mit der Gasverbraucher für die Kosten für die staatsseitig veranlasste Einspeicherung von Erdgas in die deutschen Gasspeicher zur Erreichung der gesetzlichen Mindestfüllstände zur Krisenvorsorge aufkommen (Zeilen 964 f.). Indirekt würde sich diese Maßnahme über den Stromgestehungspreis von Gaskraftwerken auch dämpfend auf den Strompreis auswirken. Außerdem will die neue Regierung die Befüllung der Gasspeicher durch (unspezifizierte) „neue Instrumente“ kostengünstiger sicherstellen. Dass sich auf EU-Ebene derzeit eine Lockerung der strengen Einspeicherpfade abzeichnet, dürfte der neuen Regierung auch den Spielraum geben, den sie zur Einführung ihrer „neuen Instrumente“ benötigt.
Wasserstoff
Die neue Regierung bekennt sich zum Wasserstoffhochlauf (Zeilen 1094 ff.). Sie hat sich vorgenommen, das Wasserstoffkernnetz im Süden und Osten zu erweitern und den Aufbau eines Verteilnetzes zu unterstützen. Allerdings liegen die jüngst veröffentlichten Netzentgelte für das Wasserstoffkernnetz mit 25 EUR/kWh/h/a schon jetzt deutlich über denen des Erdgasnetzes – eine frühzeitige Erweiterung würde diese wohl noch weiter erhöhen.
Des Weiteren sollen während des Hochlaufs nach Ansicht der Koalitionäre „alle Farben“ von Wasserstoff genutzt werden (Zeile 142). Hier ist anzunehmen, dass die Koalitionäre auf die Fördermöglichkeiten für Wasserstoff(produkte) abzielen, die auf erneuerbaren („grünen“) und emissionsarmen (für alle Farben außer „braunen“ und „grauen“ denkbar) Wasserstoff beschränkt sind, da ansonsten der Einsatz und Transport von Wasserstoff nicht an seine Herstellungsart geknüpft sind.
Schließlich plant die neue Regierung eine „Zurückführung“ von überbordender Regulierung im Wasserstoffbereich (Zeilen 1098 f.), ohne allerdings konkreter zu werden. Ob z.B. die vielfach als zu anspruchsvoll empfundenen Anforderungen an erneuerbaren Wasserstoff und seine Derivate (sog. RFNBOs) gelockert werden können, hängt wiederum von der EU ab. Diese lockert bzw. verschiebt derzeit im Rahmen ihrer „Omnibus-Initiative“ verschiedene von der Wirtschaft als belastend empfundene Regelungen (vgl. hierzu unseren Blogpost). Ein konkreteres Omnibuspapier für den Energiebereich will die Europäische Kommission nach letzten Information Ende Mai 2025 veröffentlichen.
Erneuerbare Energien
Die Bundesregierung will sich zügig der Umsetzung der letzten Reform der EU Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) annehmen (Zeilen 974, 1195), deren Umsetzungsfrist für manche Änderungen bereits im vergangenen Jahr abgelaufen war und die u.a. Erleichterungen für die Planung und Genehmigung von EE- und Netzausbauvorhaben vorsieht (siehe zu den geplanten Beschleunigungsmaßnahmen für Planungs- und Genehmigungsverfahren allgemein den Beitrag zu Umwelt, Planung und Genehmigung). Außerdem ist das bestehende Förderungssystem nach dem EEG derzeit nur bis Ende 2026 genehmigt und kann in der derzeitigen Form der direkten Förderungen auch nicht unverändert fortgeführt werden. Bei Klima- und Umweltschutzmaßnahmen sollen ferner weitere Erleichterungen eingeführt werden, indem die Notwendigkeit des naturschutzrechtlichen Ausgleichs herabgestuft und bundesweit der Populationsansatz für die Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände verwendet werden sollen (Zeilen 976 f.).
Auch planen die Koalitionäre, den Zubau von großen Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien sowie von Speichern an netzdienlichen Standorten anzureizen (Zeilen 1004 f.). Außerdem nennt der Koalitionsvertrag folgende Punkte:
- Betreiber von PV-Bestandsanlagen sollen Anreize für eine netz- und systemdienliche Einspeisung erhalten (Zeilen 1024 ff.). Doppelnutzungen wie Agri-PV sollen noch weiter erleichtert werden.
- Die meisten konkreten geplanten Maßnahmen betreffen die Windenergie an Land (Zeilen 1032 ff.):
- So soll das Flächenziel für 2027 beibehalten, das für 2032 aber zunächst evaluiert werden.
- Die neue Regierung will prüfen, ob die Synchronisation von Windkraft- und Netzausbau verbessert werden kann, z.B. durch die Ausweisung von befristeten Engpassgebieten. Gleichzeitig soll die Steuerungswirkung von Windenergiegebieten gestärkt werden, was auf eine weitere Konzentration von Projekten innerhalb der Gebietsgrenzen hinauslaufen dürfte.
- Das Referenzertragsmodell, das eine höhere Förderung an windärmeren Standorten vorsieht, soll auf den Prüfstand gestellt werden, was Projekte vor allem im windärmeren Süden Deutschlands gefährden würde.
- Die zulässige Höhe der Flächenpachten für nach dem EEG geförderte Anlagen soll begrenzt werden
- Im Bereich Windenergie auf See wollen sich die Koalitionäre der Windkonkurrenz benachbarter Windräder (Abschattungsproblematik) annehmen (Zeilen 1046 ff.). Die Flächenkulisse mit den Anrainerstaaten soll optimiert werden und im WindSeeG die doppelte Anbindung von Windparks sowohl an das Stromnetz als auch einen Elektrolyseur und eine Wasserstoff-Pipeline ermöglicht werden.
Wärme
Für viele Beobachter war die unter dem Label „Heizungsgesetz“ öffentlich heiß und zunehmend unsachlich diskutierte Reform des Gebäudeenergiegesetzes Ende 2023 (s. hierzu unseren Blogpost) ein wesentlicher Grund, warum die Ampel-Koalition zuletzt massiv an Unterstützung verloren hatte. Nicht überraschend will die neue Regierung das „Heizungsgesetz“ nun auch streichen, das Gebäudeenergiegesetz aber reformieren und vereinfachen (Zeilen 754 ff.). Konkret soll die erreichbare CO2-Vermeidung die maßgebliche Steuerungsgröße werden und die deutsche Klassifizierung der Gebäudeklassen nicht ambitionierter als die europäischen Vorgaben sein.
Die neue Regierung will die liegen gebliebene Reform der AVB-Fernwärme-Verordnung und der Wärmelieferverordnung wieder aufgreifen und dabei sowohl die Interessen der Verbraucher als auch der Fernwärmeversorger berücksichtigen (Zeilen 1140 ff.). Übergreifendes Ziel soll die Schaffung sicherer Investitionsbedingungen sein. Für technisch unvermeidbare Abwärme soll die Einspeisung in Fernwärmenetze erleichtert werden (Zeilen 1131 ff.). Es ist unklar, ob hiermit ein Anspruch auf Drittzugang gemeint sein könnte.
CCUS
Als weitere Instrumente zur Erreichung der Klimaneutralität will die Koalition die Rahmenbedingungen für CO2-Abscheidungs- und Speicherungs- sowie Nutzungstechnologien (CCS/CCU) deutlich verbessern (Zeilen 1081 ff.). Dabei sollen inhaltlich im Wesentlichen die Planungen der Ampelkoalition fortgeführt werden, insbesondere mit Blick auf die Ermöglichung der CO2-Speicherung in der ausschließlichen Wirtschaftszone und dem Festlandsockel. Weitergehend will die neue Regierung eine Länderöffnungsklausel einführen, die es den Ländern ermöglicht, auch onshore CO2 zu speichern. Außerdem soll für den Bau von CCS/CCU-Anlagen und -Leitungen nunmehr das überragende öffentliche Interesse gesetzlich festgestellt werden (siehe hierzu allgemein den Beitrag zu Umwelt, Planung und Genehmigung). Ein Abweichen von den Planungen der Vorgängerregierung besteht auch darin, dass die Nutzung von CCS/CCU nicht mehr nur für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors, sondern auch für Gaskraftwerke ermöglicht werden soll. Darin liegt eine Abkehr von der Beschränkung auf prozessbedingte Emissionen, wie sie bspw. vermehrt bei der Stahl- und Zementherstellung auftreten.
Stromnetze
Auch der Ausbau der notwendigen Stromnetze soll weiter beschleunigt werden, wobei auch eine „Bestandsaufnahme“ zur Feststellung des Bedarfs erfolgen soll (Zeilen 982 ff.). Daher scheint durchaus denkbar, dass die Ausbaupläne für zusätzliche Energieleitungen langfristig zurückgefahren werden, wobei die Netzentwicklungspläne zunächst in Verantwortung der Übertragungsnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur entwickelt werden. Neu zu planende Hochspannungsgleichstromübertragungsnetze (die sog. „Stromautobahnen“) sollen zukünftig ggf. wieder – wie schon bis 2015 – kostensparend als Freileitungen realisiert werden. Hier bleibt zu hoffen, dass großzügigen Übergangsfristen gewährt werden, um bereits in der Planung befindliche Projekte nicht zu gefährden und aufwändige Doppelplanungen, wie sie mit Einführung des Erdkabelvorrangs 2015 vielfach vorgekommen sind und die zu dramatischen Verzögerungen geführt haben, auszuschließen.
Der Staat als Akteur
An verschiedenen Stellen des Koalitionsvertrags klingt außerdem an, wie sich die Koalitionäre das Auftreten des Staates im Bereich der Energiewirtschaft (allgemein zu diesem Thema vgl. unseren Beitrag zum öffentlichen Wirtschaftsrecht) vorstellen, u.a. durch
- die Rückführung der in der Gaskrise erworbenen Staatsbeteiligungen auf „strategische“ Anteile (Zeilen 1147 ff.) – dies betrifft insbesondere die Beteiligungen an den Energieunternehmen Uniper und SEFE (vormals: Gazprom Germania),
- die Prüfung strategischer staatlicher Beteiligungen im Energiesektor, konkret auch bei Netzbetreibern (Zeilen 1147, 1748 f.). Dies dürfte sich auf die Übertragungsnetzbetreiber beziehen, für die in den vergangenen Jahren immer wieder Überlegungen für einen verstärkten Staatseintritt diskutiert wurden,
- das Bekenntnis zu den Förderinstrumenten der Klimaschutzverträge zur Dekarbonisierung der Industrie (Zeilen 165 ff.), vor allem über den Einsatz von Wasserstoff oder auch CCUS, vgl. auch unser Blogpost) und des Wasserstoffimportprogramms H2Global (vgl. hierzu unseren Blogpost) (Zeilen 1106 ff.),
- die Auflage eines Investitionsfonds für die Energieinfrastruktur, der über ein Zusammenspiel von öffentlichen Garantien und privatem Kapital Eigen- und Fremdkapital für Investitionen mobilisieren soll (Zeilen 1010 ff.),
- die Absicherung des Fündigkeitsrisikos bei Geothermieprojekten sowie die vollständige Absicherung von Schadensfällen (Zeilen 1062 ff.), wobei nicht klar wird, ob der Staat hier einspringen würde.
Nächste Schritte und Fazit
Als nächsten Schritt kündigt der Koalitionsvertrag die Beauftragung eines Monitorings zum zu erwartenden Strombedarf, dem Stand der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus, des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, der Digitalisierung und des Wasserstoffhochlaufs an (Zeilen 939 ff.). Die Ergebnisse des Monitorings sollen dann als Basis für die weitere Arbeit dienen. Allerdings wird auch ein solches Monitoringpapier nicht in der Lage sein, die Unsicherheiten zu beheben, die allein dadurch entstehen, dass der Koalitionsvertrag viele Variablen offen lässt bzw. diese nicht verlässlich zur Disposition der Politik stehen (wie z.B. die Zukunft der deutschen Stromgebotszone oder die Netzentgeltsystematik).
Der Spielraum der neuen Bundesregierung könnte sich allerdings erhöhen, wenn die auf EU-Ebene derzeit diskutierten Vereinfachungen, etwa im Rahmen der Omnibus-Initiative, Wirkung zeigen.